Lang lebe Israel!
Flugschrift aus dem Jahr 2001
Als der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder, während seiner Nahostreise Anfang November, den Palästinenserchef Arafat besuchte, ließ er an der Zielsetzung deutscher Außenpolitik keinen Zweifel. Nicht nur daß er sich einen Staatsempfang bereiten ließ, als ob es den Staat Palästina schon gäbe, er sagte sogar offen, daß „am Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser kein Zweifel bestehe“ und riet allein aus taktischen Überlegungen von einseitigen Schritten ab. Demonstrativ wurden außerdem 50 junge palästinensische Straßenkämpfer nach Deutschland ausgeflogen, um dort medizinisch behandelt zu werden, und somit das Vorurteil bestärkt, die Israelis schießen mit Vorliebe auf unschuldige Kinder und Jugendliche. Das Kindermord-Motiv zieht sich durch die deutsche Kriegsberichterstattung zum Konflikt. Nirgends wird kritisiert, daß die fanatischen Palästinenser Kinder an die Front schicken, um sie dort den Märtyrertod sterben zu lassen, der dann weniger betrauert als gefeiert wird. Nirgends wird außerdem erwähnt, daß an eben dieser Front auch palästinensische Schützen postiert sind, so daß die deutsche Schmonzette, von der bewaffneten, bösen israelischen Armee und den unschuldigen erschossenen Kindern schlicht und einfach Blödsinn ist.
Wenn Schröder auch seine Solidarität mit Israel bekräftigt hat, so zeigt doch die Praxis, daß man zur antiisraelischen Politik von vor 1965 zurückkehrt. Nirgends ist die pro Kopf geleistete wirtschaftliche Unterstützung der Bundesrepublik so hoch, wie in den Palästinensergebieten. Als erster europäischer Staat eröffnete Deutschland ein sogenanntes ‚Vertretungsbüro‘ in der palästinensischen Autonomiezone, nahm also quasi diplomatische Beziehungen mit einem noch gar nicht existierenden Staat auf. Die formale Solidarität mit Israel wird folgerichtig auch nicht inhaltlich, sondern mit der besonderen Beziehung aufgrund der deutschen Vergangenheit begründet, so daß in Zukunft mit einer härteren Gangart gerechnet werden kann. Es ist ja schließlich nicht erst seit Martin Walser bekannt, daß die Deutschen von der ewigen Auschwitzkeule genug haben.
Offener, als die glücklicherweise durch die internationale Öffentlichkeit und die Hegemonie der USA wenigstens etwas gebremste Bundesregierung, tun die deutschen Zeitungen ihren Haß auf Israel kund. Die ‚Faz‘ will eine „Nahostpolitik, die nicht nur von zwei Parametern beherrscht wird: dem freien Ölfluß und der Sicherheit Israels“, also eine Politik, die statt profanen Profitinteressen und Israel, den Stolz der arabischen Völker zum Gegenstand hat. Obwohl Israel so große Zugeständnisse gemacht hat, wie noch nie – es wollte 90% des besetzten Territoriums hergeben und Ostjerusalem unter eine palästinensische Zivilverwaltung stellen – geben die deutschen Medien Israel die Schuld für das Scheitern der Friedensverhandlungen. Die ‚Zeit‘ wirft der israelischen Seite vor, sie „spiele mit dem Feuer“, ihr „seien biblische Ansprüche wichtiger, als ein historischer Ausgleich mit den Palästinensern“, außerdem würden die Israelis sich für das „auserwählte Volk“ halten und bräuchten sich folgerichtig nicht wundern, wenn eine bewaffnete Intifada, nach dem Vorbild der siegreichen libanesischen Hisbolla, Israel den Krieg erklären würde. Hierbei werden nicht nur deutsche Herrenmenschphantasien auf Israel projiziert, die Juden sind außerdem einmal mehr selbst Schuld, wenn antisemitische Vereinigungen sie ins Meer treiben wollen. Die ‚Bild‘ verunglimpfte den Friedensprozeß im antisemitischen Tonfall, mit den Worten „es würde gefeilscht … wie auf einem Basar“. Die linksdeutschen Medien überholen was das Thema Israel betrifft, die Massenblätter sogar noch von Rechts. Die junge Welt, hier exemplarisch, sieht in Israel einen „Apartheidstaat“ und will die „Wahrheit über die Hintergründe des Zionismus“ aufdecken, „bevor wieder kräftig die Antisemitismus-Keule geschwungen wird.“ Wörtlich schreibt die einzige ‚linke‘ Tageszeitung – ununterscheidbar von einem faschistischen Blatt – über den jüngsten Konflikt: (Zitat) „Mit alttestamentarischer Härte geht Israel gegen die palästinensische Rebellion in den besetzten Gebieten vor. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Das ist noch eine glatte Untertreibung. Für ein Auge hundert Augen und für einen Zahn hundert Zähne, lautet die Rechnung“. Das der linksdeutsche Antizionismus wieder da angekommen ist, wo er herkommt, nämlich beim traditionell deutschen Antisemitismus ist offensichtlich. Mit allen arabischen Führern verstand sich Schröder prächtig, Man kungelt anläßlich des indonesischen Geiseldramas mit Gaddafi, arbeitet an der Aufhebung der irakischen Sanktionen und führt mit dem Iran einen kritisch-solidarischen Diskurs. Diesen von Deutschland und der EU hofierten Diktaturen ist Israel schon immer ein Dorn im Auge. Arafat’s PLO-Flügel, die El Fatah rüstet die Palästinenser mit Waffen aus, die linksnationalistischen Flügel PFLP und DFLP kollaborieren mit den Klerikalfaschisten der Hammas und des Djihad. Beflügelt vom Sieg der libanesischen Hisbolla fordert Arafat seine „arabischen Brüder dazu auf, den gerechten Kampf um jeden Quadratzentimeter palästinensischen Landes zu unterstützen“. Der Vizeminister des Irak ruft zum „heiligen Krieg gegen Israel“. Die palästinensische Autonomiebehörde weigert sich konsequent gegen islamistische Strömungen vorzugehen. Derlei antiisraelisches und kompromißloses Verhalten dürfte der eigentliche Grund des Scheiterns der Verhandlungen von Camp David sein. Nichts käme der palästinensischen Nationalbewegung weniger gelegen, als ein Frieden mit Israel, da diese sich nur negativ über ihren Haß auf den ‚Judenstaat‘ konstituiert. Legitimiert wird die Parteiname Deutschlands gegen Israel mit der faschistischen Parole vom Selbstbestimmungsrecht der Völker, die wieder hoch im Kurs ist. Nach Kroatien, Slowenien, dem Kosovo und Tschetschenien geht es nun daran auch den Palästinensern einen Volksstaat zu gewähren. Bei Israel macht man freilich mit dem Recht auf einen Staat schon eher eine Ausnahme, da dieses immer unter dem Verdacht steht, gar keine richtige, also im deutschen Sinne, organische Nation zu sein.
Im Verbund mit den anderen Staaten der Europäischen Union, geht es um den Aufbau einer Freundschaft zu den arabischen Diktaturen und diese hat in Deutschland Tradition. Während des Nationalsozialismus, hatten auch die Palästinenser einen Führer, den Großmufti von Jerusalem, Amin al-Husseini. Dieser erklärte während eines Besuchs bei Hitler 1941: „Die Araber seien die natürlichen Freunde Deutschlands, da sie die gleichen Feinde wie Deutschland, nämlich die Engländer, die Juden und die Kommunisten hätten … Die Araber erstrebten die Unabhängigkeit und Einheit Palästinas, Syriens und des Irak und die Beseitigung der national-jüdischen Heimat“ Mit eigenen muslimischen SS-Staffeln wurden die Deutschen, bei ihrem Vernichtungsfeldzug unterstützt, der bekanntlich fast auch den entstehenden israelischen Staat erreicht hätte, wenn nicht die britischen Truppen, Rommels Soldaten gerade noch gestoppt hätten. In der Tradition solcher faschistischen Palästinensergruppierungen stehen bis heute, die an Einfluß gewinnenden islamisch-fundamentalistischen Organisationen, wie die Hammas.
Die deutsch-europäische Unterstützung des palästinensischen Protostaates ist nicht nur unverschämt Israel gegenüber, sondern auch durch und durch sadistisch gegen die angeblich gemochten Palästinenser. Nach wie vor gilt nämlich, daß wer die Palästinenser richtig leiden sehen will, ihnen einen eigenen Staat geben muß. Sie bekämen dann nämlich einen, den die Irakis, die Marokkaner, die Ägypter, die Saudis und überhaupt die ganzen anderen arabischen Blutsbrüder schon haben. Schon jetzt zeigt die palästinensische Autonomiebehörde, daß sie die Unterdrückung der Bevölkerung auch ganz allein und um einiges Effizienter hinbekommen könnte, sollten sie dazu in die Lage gebracht werden. Hunderte politische Gefangene sitzen schon jetzt im Knast, Todesstrafe und Folter sind in Mode. Nicht im geringsten geht es den aufständischen Palästinensern um soziale Emanzipation oder gar Kommunismus, sondern nur um einen weiteren Staat, der, da er ökonomisch nicht Lebensfähig wäre, ein autoritärer, völkischer werden muß. Der Krieg gegen Israel wird, das ist abzusehen auch nach der Gründung eines freien Palästina weitergehen, da die Palästinenser nur ihr Haß auf die Juden eint. Da es international keine Bewegung gibt, die an einer staaten- und klassenlosen Gesellschaft festhält, sind alle Kämpfe, die den Status Quo angreifen nur blutige Gemetzel, zwecks Verteilung einer kleiner werdenden Beute. Das gilt für die Tschetschenen, die Kosovaren und auch für die Palästinenser. Gegen den Ansturm völkischer Stämme sind die zumindest halbwegs bürgerlichen Nationalstaaten, wie Israel und auch Jugoslawien zu verteidigen, ohne aber deshalb die Möglichkeit einer Revolution aufzugeben. Das folgende Diktum Max Horkheimers ist unbedingt aufrecht zu erhalten: „Wenn der Kommunismus unwahrscheinlich ist, bedarf es der um so verzweifelteren Entschlossenheit, ihn wahr zu machen.“
Literaturtips