Das Ende
Wie man auch immer die verschiedenen Versuche, die Krise der Bewegung zu überwinden, einschätzen mag, vielen Akteuren erschien die Entwicklung ab den Osterunruhen als Niedergang. Indem die Bewegung ihre anfängliche Frische verloren hatte, war es auch ein Niedergang, mindestens der ursprünglichen Studentenbewegung. Der Staat machte daraufhin ein Friedensangebot und verkündete eine Generalamnestie, so dass die meisten der Strafverfahren eingestellt wurden und kaum einem der Studenten die Karriere verstellt war. Viele gingen auf den falschen Frieden ein. Diese Niederlage ist allerdings widersprüchlich, schließlich hatte sich zum ersten Mal seit dem Untergang der alten Arbeiterbewegung überhaupt wieder eine kommunistische Opposition geregt. Das auch subjektive Gefühl der Niederlage speiste sich dabei aus dem überschwänglichem Gefühl der revoltierenden Minderheit, es bestünde die Möglichkeit einer sofortigen Revolution, wenn es nur gelänge, in mehreren Durchläufen immer weitere Kreise einzubeziehen. Realiter erschöpfte sich der Aktivismus auch in dem Maße, indem die Studenten erkannten, dass es so einfach nicht zu haben war.
Die Idee des Kommunismus – und das ist überhaupt keine geringe Sache – war aber in moderner Gestalt wieder in die Welt gebracht; dieses Ereignis wurde daher zu Recht als „Beginn einer Epoche“ bezeichnet. Und quantitativ gab es Anfang der 70er eine starke Ausdehnung der revolutionären und der reformistischen Bewegungen. Auf der revolutionären Maidemo 1970 in Berlin erschienen über 10.000 Demonstranten, die Lehrlinge wurden aktiv, zogen ihrerseits in Wohngemeinschaften zusammen und organisierten Jugendzentren. Die Gammler und Drop-Outs sammelten sich, es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Staatsgewalt, wenn diese Szenekneipen wie das Zodiac angriff. Es gab Häuserkämpfe, Banküberfälle etc. Die Marxistische Literatur schwoll an. Diese breitere, Neue Linke genannte Bewegung war so stark, dass sie sogar den Zusammenbruch des Ostblocks überdauerte. Gleichzeitig erschien sie aber zunehmend fragmentiert. So hat es diese Neue Linke auch niemals wirklich geschafft, sich erneut zu einem allgemeinen, politischen Aufstand zu verdichten, obwohl im Einzelnen breitere Kreise der Gesellschaft verwickelt waren. Auch hier lässt sich beobachten, dass verschiedene Kämpfe der 70er und 80er gerade dann Anklang fanden und Erfolg hatten, wenn in ihnen auch ein Versprechen auf Änderung der tristen Privatexistenz lag und die politischen Revolten unmittelbar auch die private Sphäre einbezog. Aber das ist eine andere Geschichte.