Club für sich: Detmold – König der Kleinstadt
Der Club für sich, ein bescheidenes Projekt mit unbescheidenen Ansprüchen, tritt mit dem Hereinbrechen des Novembernebels in eine neue Phase; er versucht, sich seiner Geschichte bewusst zu werden. Wie die geduldigen Leserinnen von Faltblättern und Veranstaltungsankündigungen wissen, blickt er auf vier wechselhafte Jahre zurück: Nach den anfänglichen Kneipengeselligkeiten widmete er sich der Beschäftigung mit dem Arbeitsleben und dem politischen Individuum darin, also der Realität, unter der wir ganz praktisch leiden. Um die Politischen, die sich von dieser ersten Reihe nur sporadisch angesprochen fühlten, wieder im Club zu sehen, und um eine ausdrückliche Vermittlung mit der politischen Sphäre zu versuchen, begann dann die Befragung von Genossinnen über ihre Politgruppenzusammenhänge – mit dem Ziel, das Individuum daraus hervorzulocken. Doch politisch in Gruppen Organisierte lassen sich – bislang jedenfalls – durch fast nichts und sowieso nur selten aus ihren Verschalungen bewegen. Sie marschieren getrennt; vom Schlagen kann im Moment ohnehin keine Rede sein.
Durch diese Erfahrungen und eine ihnen folgende krisenförmige Implosion des Clubkreises selber ist der Club sich selbst zum Gegenstand geworden. Denn es besteht der Verdacht, dass sich in ihm die Linke abbildet, insofern sie verwirrt und ihrer eigenen Geschichte gegenüber unwissend und blind ist. Wir wollen, dass sich die Einzelnen mit ihren potentiellen Mitstreitern befassen und so durch die Verständigung über ihre jeweilige Vergangenheit der Umgang miteinander die bestehende Sprödigkeit verliert. In der neuen Reihe werden wir deshalb über Teile unserer jeweiligen Politisierungsbiographien berichten. Auf diese Weise sollen die überalterten Formen thematisiert werden, in der man hierzulande linke Politik betreibt und betrieb. Es kann und soll aber auch um eine Auseinandersetzung mit den Inhalten vergangener und gegenwärtiger Politik gehen. Und damit auch darum: Als wie kohärent, zersplittert oder zufällig begreift man sein politisches Handeln, wenn man, verlegen oder verklärt, über „meine xy-Phase“ spricht?
Da die Berichterstatter – trotz großteils ähnlicher Sozialisation – aus unterschiedlichen Gegenden kommen und der Weg zur Kommunistin vielfach den Zufälligkeiten lokaler Jugendkulturen und jeweils vorhandener politischer Strukturen unterworfen ist, verspricht der intendierte Austausch auch einen durchs Subjekt gebrochenen Einblick in Teile der lin- ken Bewegung und ihrer Geschichte der letzten zehn bis zwanzig Jahre.
Der Schwerpunkt der bis jetzt geplanten Veran- staltungen liegt auf Deutschland und hier auf der Provinz. (Eine Sprengung dieses lokalen Rah- mens ist erwünscht und geplant.) Dabei wird es da- rum gehen, wie es ist, König der Kleinstadt zu sein, wie Autonome zu Antideutschen werden, wie man ein lokales Parteilokal der Grünen übernimmt oder kryptische Namen für Mikropolitsekten findet. Auch Trotzkismus als Lebensform, die Verausgabung von Hirn, Muskel, Nerv, Hand, usw. für Unipolitik und das Nord-/Südgefälle der Jungen Linken werden und sollen thematisiert werden. Wir hoffen, auf diesem Weg die Ausbildung entwickelter Individualität und die Neukonstituierung politischer Organisations- formen gleichermaßen zu befördern, denn „die Forde- rung, die Illusionen über seinen Zustand aufzugeben, ist die Forderung, einen Zustand aufzugeben, der der Illusionen bedarf.“ (Marx)
Club für sich: Jeden ersten und vierten Donnerstag des Monats in den Räumen des „Akazie“ e.V. in der Friedelstr. 54 ab 21:00 bzw. bei Themenabend ab 20:00 Uhr.
Kontakt: club@gmx.de