Die ersten Prozesse
Bemerkenswert an Hamburg war die Organisiertheit der Krawalle. In den Distanzierungen etwa der Postautonomen wurde teils gesagt, dass die duseligen Betrunkenen Scheiße gebaut hätten. Wahrscheinlich Proleten, die von diesen linken Snobs schon auf ihrem Schanzenfest verachtet werden. Diese waren ja auch da. Der gute Teil der Arbeit wurde aber von Leuten gemacht, die wussten, dass man sich gut vermummen muss, wenn man gegen die Polizei kämpft oder sich einige Waren eines Ladens aneignet. Dazu kam, dass die Polizei keine oder nur wenige Festnahmen vollzogen hat. Schon gar nicht, als es wirklich abging. Die juristische Verfolgung ist dadurch per se willkürlich, indem Einzelne für alle gerade stehen sollen. Nur in einigen Fällen trifft es dabei überhaupt organisierte Leute und selbst da sicher selten die Profis. Zunächst wurden einige Ausländer abgeurteilt. Die kann man länger ohne Anklage in eine Zelle sperren.
Etwa ein Niederländer. Junger Bursche, erst 21 Jahre jung und den Medien zufolge aus der Hausbesetzerszene. Als er das Gericht betritt, reckt er stolz die Faust und die Menge jubelt. So einer hat natürlich Freunde, und Polizisten müssen die Verhandlung mit Knüppeln bewachen. Er hat zwei Flaschen geschmissen, nachdem die Polizei einen Zug von 10.000 Demonstranten brutal von vorne bis hinten aufgemischt hatte und einige Beherzte dann trotzdem demonstrierten und wieder angehalten worden waren. Er hat getroffen, am Helm und am Schienbeinschoner. Der getroffene Beamte musste nicht zum Arzt. Die Anklage hätte auf versuchten Widerstand gegen die Staatsgewalt lauten müssen. Aber es war Bruch des Landfriedens, Widerstand, Körperverletzung etc. Jedenfalls hat der mutige Kerl zwei Jahre und sieben Monate ohne Bewährung bekommen. Richter Gnadenlos hat zugeschlagen. Es handelt sich bei diesem Exempel um den „generalpräventiven Aspekt“ der Verfolgung, wie es in der Sprache der Menschenjäger heißt.
Oder ein obdachloser Ungar. Flaschenwurf auf zwei Polizisten. Sturzbetrunken, Ziel verfehlt. 2,9 Promille, 16 Monate ohne Bewährung. „Der Obdachlose lebt seit vier Jahren in Deutschland, hat hier noch nie gearbeitet.“
Besser erging es denen, die zu Kreuze krochen. Lüstern-sadistisch frohlockt die Bild: „Nach elf Wochen Untersuchungshaft hat auch ein G20-Chaot nur noch ganz bürgerliche Wünsche: ‚Ich möchte zurück zu meiner Arbeit und meiner Familie.‘“ Es handelt sich um einen Barbesitzer aus Tschechien. Einige Steine auf die angreifende Polizei. Angeblich zwei Treffer. Wegen der Reue gibt’s sagenhaft günstige 16 Monate auf Bewährung.
Ansonsten hat die Polizei noch einige Mobilfunktelefone festgenommen, die aus dem geplünderten Apfelgeschäft kamen. Dafür hat sie mal eben mehr als ein Dutzend Wohnungen und Geschäfte gerazzt. Aber es gibt dank Überwachungskameras und Bürgerpolizei noch 25.000 Videos und angeblich 3000 laufende Ermittlungsverfahren.