Vorgeplänkel
Die Voraussetzungen sind denkbar schlecht. 30 Jahre nach den Umwälzungen in Deutschland stehen Landtagswahlen an und eine Partei mit offen faschistischer Propaganda, gerade in Ostdeutschland, kann sich große Hoffnung auf eine Regierungsbeteiligung machen. Zumindest die Aussicht auf eine zahlenmäßig starke Opposition gilt als sicher. Was einst mit Möglichkeiten einer Alternative zu real existierendem Sozialismus und Kapitalismus begann, wurde schnell vom Versprechen auf Genuss und Alltag auf altbekannten Pfaden eingeholt. Woanders ist diese Transformation als integriertes Spektakel bezeichnet wurden und liberale Ideologen verkündeten das Ende der Geschichte. Der kurze politische Ausnahmezustand im bürokratischen Wirrwarr der ersten Jahre wies Chancen und Gefahren auf – wie immer, wo der Staat Terrain verliert und sich konstituiert oder zum Gegenschlag ausholt. Institutionen, zu denen auch besetzte Häuser gehören, konnten sich etablieren. Die alltägliche Angst vor dem faschistischen Mob ebenso. Seitdem ist bekanntlich viel geschehen und vom allgemeinen Aufbruch ist nichts zu spüren. Politik bleibt ein genuin parlamentarisches Geplänkel und kreative Ideen zur Umwälzung bleiben weitestgehend aus. Üble Aussichten also, sowohl konkret als auch abstrakt.
Wie also noch an Utopie festhalten? Dystopie hat den Vorstellungen einer befreiten Gesellschaft längst den Rang abgelaufen. Dazu reicht ein Blick in die Endzeit-Szenarien populärer Filme oder Bücher im Science Fiction Format. Und gerade in Ostdeutschland wurde die Dystopie in den Biografien so vieler Menschen spürbar, wenngleich es ohne Reflexion des eigenen und zukünftigen Handelns einhergeht. Doch gerade die braucht es immer und darum soll es nun zuvörderst gehen.