Außerdem eine kurze Zusammenfassung des beanstandeten Vortrags.
Kommentar zum Flugblatt der Frauenantifaschisten gegen den Tresen
Die Mikroauseinandersetzung rund um den kommunistischen Tresen und genauer um einen Vortrag einer Genossin auf diesem Tresen und die anschließende, bis in die tiefe Nacht andauernde Diskussion des Geschlechterverältnisses, ging in eine weitere Runde, indem die Frauenantifa Nemesis sich zu Wort meldet. Der Tresen wird dabei kurzerhand in ein Kollektiv verwandelt und bemängelt, dass „jegliche Distanzierung des Kollektivs“ bislang ausblieb. Allerdings ist der bisherige Organisationshaufen dieses Tresens zusammengebrochen und er hätte auch schon vorher keine Stellungnahme zu keinem Thema schreiben können. Einzelpersonen könnten dies und da einige den Vortrag ablehnten, wundert es eher, dass sie eben keine geschreiben haben. Wobei man sich auch wundert, ob sie die letzten drei Jahre nicht gemerkt und gewußt haben, mit wem sie alles zusammenarbeiten. Es war ja kein Geheimnis. Nun wollen diese Frauen jedenfalls in Zukunft ähnlichen Veranstaltungen „im gemeinsamen Kampf entgegentreten“, um „sie vor allem in linken Räumen zu verunmöglichen“, am besten schlicht indem man ihnen „keinen Raum und keine Ressourcen zur Verfügung“ stellt – Calm down Genossinnen.
Der Tresen selbst wurde dann zwei Mal provisorisch reorganisiert. Im Grunde wurde er auf breitere Grundlage gestellt, als Konsequenz aus dem eher langweiligen Streit, der einige der Organisatoren des Tresens offensichtlich und zurecht überforderte. Insbesondere half ein sehr netter Chor aus Halle dabei, den Geist der Musik zu verbreiten und den Jungsgesang – Auf auf zum Kampf, Arbeiter von Wien, etc. – durch artigere Lieder zu ergänzen, gar en passent den von den Genossinnen der Frauenantifa Nemesis konstatierten, leider aber nicht näher beschriebenen „Mackerdynamiken“ sanft entgegen zu wirken…
Bevor unten eine Zurückweisung der im Vortrag geäußerten Gedanken folgt, wie sie die Furien der Frauenantifa Nemesis niederschrieben, hier nochmal eine selbstredend gefärbte Zusammenfassung einiger – wenn auch nicht aller – wesentlicher Punkte dieses Vortrags. Den vollständigen Vortrag kann man hier lesen. Wer den Vortrag schon kennt oder erst gar nicht an ihm interessiert ist, klicke hier.
Im Ganzen forderte der Vortrag die Emanzipation der Frauen, gerade da selbst die bürgerliche Gesellschaft ihnen diese Möglichkeit anbietet und sich heute kaum jemand mehr daran stossen würde. Privat sollten sie lernen, „sich auf bestimmte Beziehungen gar nicht erst einzulassen und sich in anderen Beziehungen zu behaupten und Arschlöcher zu verlassen.“ Öffentlich sollten sie sich ein Vorbild an Clara Zetkin und Simone de Beauvoir, an Rosa Luxemburg und Virginia Woolf nehmen. An Madame Curie oder Ada Lovelace, möchte man ergänzen. Diese Frauen nämlich „strotzten vor Dynamik, Kraft und Selbstbewusstsein“ und halfen sehr, „eine Basis für die Eroberung der Allgemeinheit“ schaffen. Frauen heute sollten sich nicht über all diese Minimachos und Papiertiger ärgern und ihr Betragen beklagen, die sich nur geehrt fühlen, wenn man sie Patriarchen nennt. Sie sollten auch keine kapitalistischen oder patriarchalen Strukturen für ihre Schwierigkeiten verantwortlich machen, sondern die Hosen anziehen, die ihnen das 20. Jahrhundert immerhin als Möglichkeit anbietet, indem die von der Referentin als bürgerlich benannte Gleichheit auch auf die Frauen ausgedehnt worden ist. Und so sollten die Frauen diese Gleichheit affirmieren lernen: „Sobald ein bestimmter Zivilisationsgrad erreicht ist, muss sich die Frau selbst aufrichten; wer dominantes und tätiges Subjekt sein will, muss wie eines handeln, anstatt eine entsprechende Behandlung einzuklagen und sich durch diese Klage zur Passivität zu verdammen. Es waren immer solche Frauen, die die allgemeine wie die Frauenemanzipation, die selbstverständlich verschwistert sind, vorangetrieben haben.“ Insgesamt ein Plädoyer, die Frauen sollten eine „Ich-Stärke“ herausbilden. Überhaupt wird die Stärke als Voraussetzung der Schwäche benannt und konstatiert, dass letztere zwar das Ziel, aber eben nur durch seinen Gegensatz zu erreichen sei. Ansonsten eben die Position von Simone de Beauvoir und Clara Zetkin, aber vor dem Hintergrund, dass „mit der zunehmenden Realisierung dieser Forderung dem westlichen Feminismus nach und nach der unmittelbare Gegner abhandengekommen“ sei.
Umgekehrt wird dem zeitgenössischen Feminismus attestiert, dass er sich lieber an die Opfer als Opfer hielte und eben nicht an selbstbewußte Frauen. Dass er die bürgerliche Emanzipation hintertriebe, indem er sich an durch den Campus getragenen Matratzen erfreute und eben nicht am Werk Simone de Beauvoirs: So würden „weibliche Subjekte geprägt, die lernen, Schuld zuzuweisen, anstatt Angriffe abzuwehren, zu fühlen, statt zu denken, und so letztlich alte sexistische Klischées zu erfüllen.“
Allerdings sind die Männer da auch von ihr mit gemeint gewesen. Man solle sich nämlich „nicht der Illusion hingeben, dass diese Form Frauen vorbehalten sei“. Vielmehr sei die „Rede vom Kastratenjahrhundert heute erst wahr geworden“ und die versprochene bürgerlich-männliche Aufklärung, die die Frauen nun selbstbewußt für sich beanspruchen sollten, wird andererseits in der spätbürgerlichen Gesellschaft auch den Männern versagt. Diese seien dann statt Patriarchen nur Würstchen; die Ich-Schwäche habe sich verallgemeinert, auch die Männer müssten sich erst ermannen. Denn, „die Autonomie, die die bürgerliche Männlichkeit versprochen hat, ist nur möglich in einer Gesellschaft, in der die Menschen ihre Produktionsbedingungen kontrollieren, und nicht diese sie.“ Die das alles vortrug ist nämlich Sozialistin und wenn sie auch die von den beiden Wellen der Frauenbewegung vorangetriebene Emanzipation der Frauen begrüßt, legt sie doch Wert darauf, dass „dieses Projekt einer Eroberung der Allgemeinheit sich der Ökonomie hätte zuwenden müssen“.
Zwischendurch empfiehlt sie zum Verständnis unser aller Seelenlebens auch noch die Psychologie Freuds. Das sei nur gesagt, weil einige sich daran stießen, dass im Vortrag sehr pauschal Menschen der Wahn attestiert wurde. Es gibt aber leider auch eine Denktradition, in der der Wahnsinn die normale Erscheinung ist und die diese sehr skeptische Einschätzung unserer Subjektivität gerade in einer wahnsinnigen Gesellschaft für eine plausible Arbeitshypothese hält.