Statement einiger Abtrünniger des kommunistischen Tresens
Der kommunistische Tresen hat sich im Zuge des vergangenen Dezember Tresen gespalten und in letzter Konsequenz – auch wenn es anders scheint – in seiner bisherigen Zusammensetzung aufgelöst. So viel vorweg. Soweit so schlecht. Warum diese relativ belanglose Randnotiz bezüglich eines aufgelösten Tresens in diesen gesamtgesellschaftlich finsteren Zeiten ein Statements bedarf, versuchen wir im Folgenden darzustellen.
Ein loser Zusammenhang von Leuten aus verschiedensten Spektren in der Organisierung, vereint unter dem Label des Kommunismus, so war der Plan. Die daraus resultierende Heterogenität war unseres Erachtens lange das, was diesen Tresen so besonders machte. Inhaltlich selten einer Meinung, ohne festes Programm und inhaltlicher Stoßrichtung. Ein Raum zum Begegnen, sich kennen lernen, diskutieren, singen und streiten sollte entstehen. In der Vorstellung, was ein kommunistischer Tresen an sich sein soll, war man sich selten einig: Ob er ein Ort der Begegnung von Menschen, die sich mit dem Bestehenden nicht abfinden wollen, ist, oder ob er den Anspruch pflegt, intellektuelle Avantgarde einer kommunistischen Bewegung zu sein. Daher war es wohl nur eine Frage der Zeit, bis das ganze krachend scheitern wird. Worin sich alle einige waren, war das Vorhaben, einen Raum zu schaffen, in dem alle ihren Inhalt in den Tresen tragen und als Einzelpersonen als Input zur Diskussion stellen können, um dadurch einen Raum für Kritik, Debatte und auch Streit zu öffnen. Sehr unbürokratisch, einfache Ankündigung, dass es einen Vortrag geben wird, ohne genauere Benennung worüber und was, ohne Vetorecht, einzig auf Vertrauen basierend. Da wir dies aber nach außen hin offensichtlich nicht transparent genug vermittelt haben, ist es für uns wichtig nun Stellung zu beziehen. Für uns war immer klar, dass nichts an als Input Geäußertem, so auch der Vortrag im Dezember - je einer Gruppenmeinung des kommunistischen Tresens entsprechen konnte – dies wäre aufgrund unserer Unterschiedlichkeit gar nicht möglich gewesen.
Wir waren uns darüber im Klaren, dass in diesem Rahmen Widersprüche ausgehalten werden müssen und auch sollen. Wovon wir ausgingen, war, dass diese trotz inhaltlicher Uneinigkeiten nur innerhalb eines respektvollen und solidarischen Miteinanders als Genoss*innen stattfinden konnten. Diese Akzeptanz des Widerspruches ermöglichte einen solidarischen Vortrag über die Situation in Rojava, der dann später von anderen, die sich in ihrem Flugblatt als Teil des Kommunistischen Tresens titulierten, auf unangebrachte Art und Weise kritisiert werden konnte. Hier begann der angenommene Konsens von Respekt und Solidarität aufzuweichen. Daraufhin gab es im Zuge des Dezember Tresens mit dem Vortrag „Kritik zum zeitgenössischen Feminismus“ bereits im Vorfeld - sowohl in der Form, im Inhalt und auch im Zwischenmenschlichen - Zerwürfnisse, die das Ende des kommunistischen Tresens in seiner bisherigen Konstellation besiegelten. Konkreter: im Vorfeld des Tresens, sowie am Tag des Tresens selbst hatte ein Teil der Tresencrew, deren wir uns zugehörig fühlten, ihren Austritt aus der Veranstaltungscrew erklärt. Dies war Folge eines seit längerem stattfindenden Machtkampfes, der sich zuspitzte und Grenzen, in Form und Inhalt überschritt. Wer von der Überwindung des Feminismus schwafelt noch bevor das Patriarchat überwunden ist, wer strukturelle Gewalt gegenüber Frauen in der Kategorie der häuslichen Gewalt richtig verortet sieht und somit die strukturelle Ebene ausblendet, wer die Existenz patriarchaler Verhältnisse in westlichen Gesellschaften leugnet und alle, die dem widersprechen als wahnhaft tituliert, sollte auch bei einem diffusen und nur auf einem kommunistischen Minimalkonsens beruhenden Zusammenschlusses nichts zu suchen haben. In Folge der Austritte löste sich der komplette Organisationsverteiler und somit auch der kommunistische Tresen als solcher auf.
Weshalb wir uns nun erst jetzt nach außen zu Wort melden, liegt daran, dass wir mit ein bisschen Abstand nach der Auflösung ein Treffen einberufen hatten, indem es darum gehen sollte, auszuloten, ob, wie und unter welchen Bedingungen es zukünftig einen kommunistischen Tresen geben kann. Dabei war für uns von Anbeginn klar, dass mit den für Inhalt und Form des Vortrages Verantwortlichen eine weitere Zusammenarbeit unmöglich ist und es beim darauffolgenden Tresen einer Stellungnahme bedarf. Denn hier wurden ganz klar Grenzen überschritten, die zur Folge hatten, dass der suggerierte Minimalkonsens niemals anzunehmen war. Die Frage danach, wo die Grenzen bezüglich einer inhaltlichen Ausrichtung zu liegen haben, haben wir uns zu spät gestellt. Diesen Schuh haben auch wir uns anzuziehen. Resultat dieses zermürbenden und langen Treffens war die Einigkeit zur Uneinigkeit, sodass der Beschluss die verantwortlichen Akteur*innen des Dezember Tresens auszuschließen im Nachhinein von Teilen der Tresencrew wieder aufgehoben wurde. Auch hier wurden wieder unsere unterschiedlichen Vorstellungen ersichtlich.
Ein weiteres großes Streitthema auf diesem Treffen war die Frage, inwiefern die Tresen Crew verantwortlich für Inhalte, die von einzelnen Personen vorgetragen werden, ist. Einige sagen nein, die Tresen Crew ist nicht verantwortlich, sondern die Besucher*innen sind dazu aufgefordert, als politische Subjekte denjenigen Referent*innen und ihren Positionen zu widersprechen, mit denen sie nicht einverstanden sind. Die Organisationscrew stellt einzig den Raum. Wir können nur für uns sprechen und betonen, dass wir dagegen der Meinung sind, dass, wenn wir diesen Raum öffnen und ihn dadurch zu einem politischen machen, auch dafür verantwortlich sind, dass keine reaktionären Inhalte dort verbreitet werden. Jedoch stellt sich dabei immer die Frage, wo fangen diese an und wo hören sie auf? Was ist noch im Rahmen des Erträglichen, bzw. wo liegt die Grenze? Eine gemeinsame Antwort darauf haben selbst wir Abgespaltenen nicht gefunden. Seit dem als Konstitutionstreffen angedachten Plenum haben sich die Fronten verhärtet. Es zeigte sich schnell, dass die Gräben und Differenzen zu groß sind und ein alleiniger Ausschluss die schwelenden Konflikte nicht aus der Welt schaffen, sondern sie nur verlagern würden. Dies hatte zur Folge, dass der kleine Tresen Kosmos weiter um sich selbst kreiste. Das endgültige Eingeständnis, dass eine weitere Zusammenarbeit unmöglich, ein weiteres Einwirken aufeinander vergebene Mühe ist, ist in diesem Prozess gereift.
Für unsere zukünftige politische Arbeit schlussfolgern wir aus dem Ganzen, dass es von enormer Wichtigkeit ist, sich mit patriarchalen Strukturen immer wieder dezidiert zu beschäftigen und dass es von uns mehr Mühe bedarf, diese in unseren eigenen Reihen aufzudecken und zu behandeln.
Als theoretische Erwiderung zu den zum Teil auf dem Dezember Tresen genannten Thesen möchten wir euch folgenden Vortrag wärmstens empfehlen:
Mütterimagines, Mückenstiche und die selbstverschuldete Unmündigkeit der Frau.