Editorische Notiz
„Vielleicht werden die in Barcelona erzeugten Erschütterungen dabei helfen, die in anderen Ländern immer noch herrschende Illusion der Stabilität ins Wanken zu bringen, indem sie der ganzen Welt zeigen, dass es nicht die Aufrührer in den Straßen waren, die von den Kräften der Ordnung umstellt sind, sondern die herrschenden Klassen, die sich an verschwindende Inseln klammern, inmitten eines anschwellenden Meers der Wut.“
Am 29. März 2012 fand in Spanien ein landesweiter Generalstreik gegen die von der Regierung aufgrund der Wirtschaftskrise beschlossenen Sparmaßnahmen statt. In Barcelona blieb es dabei nicht bei der von den Gewerkschaftsfunktionären gewünschten Passivität geordneter Massenkundgebungen: Schon in den frühen Morgenstunden wurden in verschiedenen Vierteln durch mobile Streikposten Straßen blockiert und Geschäfte, die trotz des Streiks öffnen wollten, an der Arbeitsaufnahme gehindert; bei den Demonstrationen kam es zu erheblichen Sachbeschädigungen, zahlreiche Feuer wurden entfacht und schließlich lieferte sich eine buntscheckige Menge, die weit über die üblichen Verdächtigen hinausging, eine stundenlange Schlacht mit der Polizei, wobei es zum ersten Mal seit langem in dieser Stadt gelang, die Ordnungskräfte zurückzuschlagen.
Ereignisse wie dieses markieren den Übergang des relativ befriedeten gesellschaftlichen Zustands, der in Spanien wie auch im übrigen Europa der letzten Jahrzehnte der Normalfall war, zu einer zunehmend unkalkulierbaren Situation, in der die sozialen Widersprüche wieder offener zutage treten. Wie aber verhalten sich die radikalen Minderheiten, die den sozialen Krieg zuspitzen wollen, mit dem letztendlichen Ziel, ihn ein für allemal zu überwinden, angesichts dieser Entwicklung? Gelingt es ihnen, den neuen Möglichkeiten und Herausforderungen gerecht zu werden? – Diese Fragen stehen im Zentrum des Textes Die Feuerrose ist zurückgekehrt, einer ausführlichen Geschichte des Generalstreiks vom 29. März, sowie dessen Vorgeschichte und Nachwehen, die von einem anarchistischen Genossen aus Barcelona niedergeschrieben wurde.
Da selbst in den deutschsprachigen Territorien der befriedete Zustand nicht ewig anhalten wird und wir uns auf unruhigere Zeiten gefasst machen müssen, halten wir diese Reflexionen auch für hiesige Subversive für nützlich, zumal das Ereignis, auf das sie sich beziehen, hierzulande sowohl von den offiziellen als auch von den untergründigen Medien weitgehend ignoriert wurde.
Der Text wurde zuerst in englischer Sprache auf der Internetseite des US-amerikanischen anarchistischen Crimethinc. Ex-Workers’ Collective veröffentlicht: http://www.crimethinc.com/texts/atoz/rosefire.php
Übersetzerkollektiv et al., August 2012